mehr SOUND: Interview Komponistin
Marion Wörle – elektronische Komposition
Fakten, Gedanken, Hintergründe von und zu LICHT
Die Computermusikerin, Komponistin und Kuratorin Marion Wörle schreibt und spielt genreübergreifende, dynamische elektronische Musik für Film-, Radio- und Musiktheaterproduktionen. Das Lautsprecherfeld ist Teil ihres Instruments und kommt in ihren Mehrkanal-Kompositionen zum Einsatz.Marion arbeitet sowohl solo als auch im Rahmen ihres Ensembles gamut inc, das sich elektro-akustischer Musik, eigenwilligem Musiktheater und innovativer Maschinenmusik verschrieben hat und seinen thematischen Fokus auf den kritischen Umgang mit Technisierung im gesellschaftlichen Kontext richtet. gamut inc erhielt Kompositionsaufträge und Einladungen von renommierten internationalen Festivals und wurde mit diversen Stipendien ausgezeichnet.
Die Komposition LICHT – Elektronische Dialoge und Interventionen für 33 Lautsprecher wurde eigens für dieses Stück geschaffen und entstand als Reaktion auf die Auswahl des Liedguts von Crumb und Purcell sowie die Lichtgestaltung.
Was ist dein persönlicher LICHTtrigger – was fasziniert dich an dem Projekt?
[MW] Mich interessiert das Geflecht aus meiner elektronischen Musik, den Liedern und der modernen Lichttechnik. In meinem letzten Musiktheaterstück OVER THE EDGE CLUB ging es um künstliche Intelligenz, daher war ich im Thema schon direkt drin. Zudem ist es meine erste Begegnung mit Liedern aus der Barockzeit live auf der Bühne!
Worin liegt für dich bei der Inszenierung die besondere Herausforderung?
[MW] Ich komponiere regelmäßig für Mehrkanal-Soundsysteme, aber im ZiMMT arbeite ich zum ersten Mal in einem Klangdom mit 31 Lautsprechern und 2 Subwoofern. Das ist für mich besonders spannend. Dem reichhaltigen und direkten Klangspektrum der Live-Musikerinnen kann so adäquat begegnet werden.
Deine Klangwelt bildet gewissermaßen den Rahmen, die Klammer um das Stück. Während die Lieder von Crumb und Purcell den roten Faden durch die Inszenierung ziehen und das musikalisch-emotionale Storytelling vorantreiben, ist deine Komposition stark interaktiv. Licht und Sound bespielen das Setting, in dem sich die Interpretinnen bewegen, und betten das Liedgut behutsam ein. Was ist für dich kompositorisch der Reiz an dem Projekt? Und wie bist du vorgegangen?
[MW] Als Musikerin interessiert mich die Jetztzeit. Ich höre natürlich in die Vergangenheit hinein und habe da ganz viele Vorlieben in ganz verschiedenen Richtungen. Jede Musiksparte hat ihre Reize. Es ist sehr spannend, diese Welten miteinander zu verknüpfen.
Erst einmal muss man in das Material eintauchen, das einem begegnet, sich reinhören. Das ist ein anderes Hören als reines Zuhören. Es muss ja einen Dialog geben und ein Bezugssystem.
Die erste Konfrontation mit Purcell war herausfordernd. Es gab zu Anfang einige Stücke in der Auswahl, mit denen konnte ich einfach nicht, habe mich unwohl gefühlt. Außerdem habe ich mich zum ersten Mal mit Sopranstimmen so intensiv auseinandergesetzt. Es war auch spannend zu erfahren, was der Wechsel der Sopranistin in der Besetzung mit dem Stück macht.
Inwieweit beeinflussen die Interpretation der Künstlerinnen und der Raum deine Komposition?
[MW] Die Entwicklung des Stücks ist durch die Gruppendynamik und den Prozess dirigiert. Letztlich konnte das Stück nur im Zusammenwirken aller Protagonist:innen entstehen, da man sich in solch kleinem Team stark aufeinander einspielt. Es ist eine sehr intime Arbeit und ein interessantes Prozedere, zumal wenn sich keiner kennt. Das entspricht ganz gut dem Thema: Reibung, Konfrontation, Begegnung, Dialog.
Der Halle des ZiMMT kommt bei Entwicklung des Stücks auch eine besondere Rolle zu. Als ich dort gearbeitet habe, ist meine Musik zunehmend kontemplativer geworden. In diesem Raum kann man mit ruhigeren und flächigeren, drone- bzw. ambient-artigen Stücken spielen. Es macht Freude, mit diesem Volumen zu experimentieren.
Wie empfindest du persönlich den in LICHT thematisierten Konflikt?
Wie gehst du im Alltag damit um?
[MW] Ich bin ein sehr technikaffiner Mensch und verbringe die meiste Zeit meiner Arbeit im elektronischen Bereich, sowohl musikalisch als auch grafisch. Daher habe ich regelmäßig ein tiefes Bedürfnis nach digitaler Entgiftung! Die verschaffe ich mir durch Verbotszonen für digitale Geräte im privaten Bereich und regelmäßige Aufenthalte in tiefen schwarzen Wäldern ohne Funknetz.
Welches Credo hast du in deinem künstlerischen Schaffen?
[MW] Immer weiter!
Das Interview wurde geführt von Nadine Kube, Marketing & PR bei der Werkbühne Leipzig.
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